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Leserbriefe

Mittwoch, 10.08.2011



Oliver Bauer schrieb:
Gefangen in der eigenen Schublade - Wie manch selbsternannte „liberale Muslime“ nicht viel mehr als Phrasen zustande bringen. Öffentlichkeitswirksam ja – Substanz? Fehlanzeige!

Wer der Dialektik folgt: Moscheegemeinden gehören in Ecke „konservativ“ und sich selber stets als liberal hochstilisiert, beschreibt nicht die muslimische Realität in Deutschland, sondern betreibt Selbstprofilierung, neudeutsch auch Marketing genannt. So geschehen in einem Gastkommentar von Lamya Kaddor (vormals Assistentin von Muhammad alias Sven Kalisch)

Aber das Entscheidende ist: Frau Kaddor bleibt den Beweis schuldig, was sie als eine "Andersdenkende" Liberale denn so ausmacht? Sie möge doch über ihren liberalen Glauben Zeugnis ablegen und dann ihr Gotteshaus gründen und so die große schweigende Mehrheit, für die sie (wieder einmal) vorgibt zu sprechen hierzu einladen? Vielleicht kommen ja dann all die angeblich Verprellten aus den herkömmlichen Moscheen zu ihr?

In der Demokratie leben Religionsgemeinschaften von Angeboten und nicht von vollmündigen Ankündigungen, die übrigens dann die Gläubigen annehmen können oder auch nicht, für die man sich organisiert und einsetzen kann oder auch nicht.

Lamya Kaddor möge sich endlich diesem Wettbewerb durch eigene Strukturen, Persönlichkeit und beherztes Eintreten für ihre muslimische Sache stellen, anstatt mit dem Winde zu gehen und mit Reizwörtern, wie „liberal“ und „modern“ um sich zu schmeißen. Letztere will zwar gerne die Öffentlichkeit hören, bleibt aber für den innerislamischen Dialog, für die sie ja vorgibt sich einzusetzen, substanzlos.

Denn die über 2000 Moscheegemeinden in Deutschland sind viel bunter als es die Schublade von Frau Kaddor zulässt, dort finden sich sogenannte liberale, orthodoxe bis stockkonservative Gläubige seit Jahren und nutzen Angebote des täglichen Gebets, des Freitagsgebets, der Ramadan-Wochen (Iftar und Tarawih), oder der Organisation von Hadsch oder Beerdigung.

Diese religiösen Dienstleistungen leisten die muslimischen Religionsgemeinschaften mit ihren fast 2500 Moscheen in Deutschland, Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr, emsig, selbstfinanzierend und ehrenamtlich. Im Stillen sozusagen, weil zu unspektakulär für das Medienscheinwerferlicht. Aber dies ist der Humus, der strukturelle Nährboden an der Frau Kaddor ihre Ideen von altem und neuem Islam testen kann: bei einem Gespräch nach dem Tarawih-Gebet, bei einen Glas Tee in der Gemeinde um die Ecke oder in der Hadsch-Gruppe auf dem Weg nach Mekka. Wer nicht an dieser Basis arbeitet, unterlässt das schwierige Geschäft der stets notwendigen geistigen Erneuerung des Islam, ja macht sich mit schuldig an einigen durchaus erneuerungsbedürftigen Strukturen in unserer Gemeinschaft.

Übrigens: würde Frau Kaddor tatsächlich den ernsthaften Dialog mit den Gemeinden suchen, dann würde sie schnell merken, dass das Nichttragen eines Kopftuches sie keineswegs schon zu einer geistigen Führerin macht oder gar besonders einzigartig erscheinen lässt. Da braucht´s schon ein bisschen mehr, als Phrasendrescherei